Wider die Gleichgültigkeit und für die Liebe!

fuelleundnichts

Morgen startet wieder der Fortgeschrittenen-Kurs „Mit ganzem Herzen dankbar sein“, in dem ich mich zum zweiten Mal, diesmal 12 Einheiten lang, mit dem Buch „Fülle und Nichts“ von David Steindl-Rast beschäftige. Als ich es jetzt wieder durchgeblättert habe, wurde mir bewusst, dass es kein anderes Buch in meinem Leben gibt, in dem ich so viel lustvoll angestrichen und eigene Notizen vermerkt habe. Es jetzt wieder zu lesen, kapitelweise und als Vorbereitung für das jeweilige nächste Stundenthema, stiftet Vorfreude. Es sind wunderbare, heilsame Gedanken, die der aus Wien stammende Benediktinermönch David Steindl-Rast hier niedergeschrieben hat; das 1983 erschienene Buch wird zurecht längst als Meditationsklassiker gehandelt. Es zu lesen macht Freude, stiftete Sinn, erklärt vieles, auch alltägliche Muster, die uns daran hindern, befreiter und glücklicher zu leben.

Immer wieder schreibt David Steindl-Rast auch über Gegensatzpaare oder Polaritäten – Entfremdung versus Zugehörigkeit, zum Beispiel, die er synonym für Sünde und Erlösung setzt. Oder Disziplin versus Bevormundung – Zitat Seite 51: „Bevormundung ist rigide und spröde. Disziplin ist ebenso stark wie flexibel. Bevormundung ist leblos, Disziplin lebendig und lebensspendend.“ Wie wunderbar sind solche Worte geeignet, um den Yogaunterricht zu verfeinern und zu vertiefen. David Steindl-Rast hat sich intensiv mit dem Zen-Buddhismus beschäftigt, speist sich also auch aus fernöstlicher Erfahrungslehre, die er mit seiner christlichen Spiritualität verbindet. Es geht um die (Zitat) „Zuverlässigkeit im Herzen aller Dinge“, ich erkenne keinen Widerspruch zum yogischen Denken.

Und dann stoße ich auf jenen Absatz auf Seite 152, der mich schon beim früheren Lesen so stark berührt hat: „Wenn in der christlichen Tradition von Liebe die Rede ist, dann liegt die Betonung auf unserem Willen und nicht auf unseren Gefühlen. Das zeigt uns wieder, daß die Idee der leidenschaftlichen Anziehung irrig ist, wenn es um das Wesen von Liebe geht. Liebe ist wesentlich kein Gefühl, sondern eine frei gewählte Handlung. Nur deshalb kann das Gebot „Du sollst lieben“ ein Gebot sein. Niemand kann uns befehlen, so oder so zu fühlen. Gefühle lassen sich nicht von Geboten beeinflussen. Auch unsere Gedanken  nicht. Nur unser Wille kann gehorchen. Und wenn unser Wille sich intensiv bemüht, die Trägheit der Gleichgültigkeit zu überwinden, dann wird er auch unser Denken und Fühlen Schritt für Schritt mit sich ziehen.“

Ist das nicht großartig? Ist das nicht eine Botschaft, die große Freiheit verspricht? Wir haben die Möglichkeit und die Fähigkeit uns für die Liebe zu entscheiden und sind nicht Sklaven unserer Gefühle. Ein Prozess, der allerdings Ausdauer, Aufmerksamkeit und Genauigkeit verlangt. Wider die Gleichgültigkeit also und für die Liebe als eine bewusste Willensentscheidung!

Ich werde wieder ein paar Exemplare bestellen, denn solche Botschaften verschenke ich gerne!

Buchtipp: Fülle und Nichts. Von David Steindl-.Rast, Herder-Verlag, ISBN: 978-3-451-05653-6