Office Yoga – eine Vortragsreise für die NÖGKK

Ich tourte im Herbst 2018 mit einem Vortrag zum Thema „Office Yoga“ durch die 21 Servicezentren der NÖGKK. Wie das Projekt entwickelt wurde und was ich dabei vermitteln wollte, beschrieb ich in diesem Artikel für die Mitgliederzeitung von Yoga Austria

 Office Yoga – eine Vortragsreise für die NÖGKK

Die Einreichphase

Zu Beginn des Jahres 2017 übergab ich ein Konzept für „Office Yoga“ an die zuständige Dame im Präventionsteam der NÖGKK. Diese für die unselbstständig Erwerbstätigen zuständige Krankenkasse bietet kostenlose Vorträge und Übungsstunden zu den verschiedensten Bereichen rund um das Thema Prävention an und suchte damals eine/n Referent/in für Office-Yoga. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich gerade intensiv an einem Produktkatalog für einen Industriebetrieb. Die Augen waren müde, der Nacken schmerzte, die Handgelenke machten sich durch die vielen Mausklicks bemerkbar und der Stress setzte mir spürbar in Magen und Nacken zu. All das schrieb ich zügig in das Konzept und sandte es ab.

Monate später kontaktierte mich die Sachbearbeiterin. Große Unternehmen haben meist langdauernde Entscheidungswege. Ich hatte, ehrlich gesagt, gar nicht mehr mit dem Anruf gerechnet. Im August fixierten wir in einem Vertrag alle notwendigen Details. Etwas Aufregung verursachte die Tatsache, dass ich kein Gewerbe als Yogalehrende betreibe, sondern mich als freie Selbstständige verstehe und vor allem als freie Lehrende. Das bedurfte etwas Erklärungsbedarf. Wichtig für die NÖGKK war auch, dass ich über eine Haftpflichtversicherung verfüge, dafür musste ich noch eine Bestätigung von Yoga Austria vorlegen.

Die Entwicklungsphase

Im Herbst 2017 begann ich mich dann in die Materie einzulesen und probierte vor allem Augenübungen aus. Denn dieses Thema war meinen zukünftigen Auftraggebern ein Anliegen. Auch googelte ich mich tagelang durch verschiedenste Office-Yoga Youtube Videos, meist in englischer Sprache. Bücher zu dem Thema hatte ich ohnehin schon über die Jahre angesammelt. Vor allem das Buch von Edeltraud Rohnfeld: „Yoga auf dem Stuhl“ beinhaltet viele interessante Übungen, auch für die Gelenke. Auch das Buch des österreichischen Atemlehrers und Psychotherapeuten Peter Cubasch: „Gähnen“ (ein natürlicher Impuls mit großer Wirkung) faszinierte mich. Ich gähne schon lange in Kombination mit Yoga, auch weil ich als Chorsängerin die Gähnstellung übe, aber dieses Buch war eine zusätzliche Ermutigung und Inspirationsquelle. Ich plante, das Gähnen im Office-Yoga verstärkt einzusetzen.

Die Testphase

Im Jänner 2018 startete ich testweise mit 4 Yogakursen zum Thema Office-Yoga bei mir zu Hause, jeder mit 12 Einheiten zu 90 Minuten angesetzt. Ich wollte gemeinsam mit meinen zum Teil langjährigen Yogaschüler/innen und Weggefährt/innen das Thema richtig gut üben und auch hinterfragen.

Ebenfalls im Jänner gab ich ein Konzept für ein Poster ab. Es war gewünscht, dass man den Teilnehmenden noch etwas zur Hand geben sollte. Ein Poster könnte man auch im Büro aufhängen, um sich an die Übungen zu erinnern. Ich brachte einleitenden Text und insgesamt 8 wichtige Übungen zu Papier. Dazu suchte ich bei Stockfotoanbietern nach passenden Office-Yoga-Illustrationen. Denn ich finde, Übungen sind mit einem passenden Bild viel leichter verständlich. Eine/n Illustrator/in damit zu beauftragen, würde aber, so vermutetet ich, den finanziellen Rahmen des Projekts sprengen. Diese Vorgangsweise hatte natürlich einen Haken – man muss nehmen, was man kriegt und Übungen möglicherweise adaptieren. Es war eine ziemliche Tüftelei, aber es ging sich aus und die Übungen haben sich inzwischen im Vortrag bewährt. Der Rote Faden durch die Office-Yoga Asanas auf dem Plakat ist dabei eine Uhr, also die Zeit. Die erste Übung, die „Bürokatze“ beginnt um 8.00 Uhr, der Stocksitz mit Beindehnung folgt um 9.00 Uhr usw. . Besonderen Spaß hat mir dabei die Namensfindung gemacht. Auf die Einbeinhaltung „Die Büroleuchte“ bin ich richtig stolz, weist sie doch auch auf den spirituellen Aspekt hin – oder zumindest auf die Möglichkeit eines Geistesblitzes im Büro…

Bis Ostern dauerten meine Office-Yoga Kurse. Natürlich übten wir auch auf der Matte, aber ich baute immer wieder die speziellen Haltungen auf dem Stuhl ein. Dieser Kurs bot auch genügend Zeit, um zahlreiche Augenübungen aus dem Buch von Dr. Kazuhiro Nakagawa „Augen-Yoga“ (Selbsthilfeprogramm für motivierte Übende) zu üben.

Mein Fazit: Augenübungen teilen die Gemüter und sind nicht immer beliebt, es gab Widerstände, aber ich konnte doch alle zum Weiterüben motivieren. Gähnen hingehen liebten alle Schüler/innen ausnahmslos. Taschentuchhalter für die tränenden Augen und zum Schneuzen machten die Runde. Das Gähnen entstresst spürbar, wirkt spannungslösend, reinigend, vertieft die Atmung – ein echter Bringer!

Das Konzept für den Vortrag

Zwei Vorträge waren organisationsintern noch im Juni 2018 angesetzt worden. Für mich eine eindeutige Deadline, um bis dahin die Powerpoint-Präsentation und das Stundenkonzept fertig zu haben. Die acht Übungen vom Poster sollten dabei integriert werden.

Ich gliederte den Vortrag in vier bewegte Einheiten und baute davor und dazwischen Informationsstationen auf dem Bildschirm ein.

Start:

– Was ist Office Yoga? (Yoga in normaler Bürokleidung, ohne Matte, Auszeit für ein paar Minuten oder ein paar Atemzüge, selbstbestimmt – wann, wo, was).

– Wann sollte man eine Pause machen?

Erste Einheit/stehend:  gähnen und dehnen (Themenschwerpunkte:  Stressmuskulatur, Augenentspannung)

Zweite Einheit/sitzend: Yoga auf dem Stuhl (Themenschwerpunkte:  Bandscheiben, Beindehnung, Handgelenke, Sammlung im Büroheld)

Dritte Einheit/stehend: Einbeinhaltung, Bürolöwe als Notfallsübung, Atmung vertiefen statt Zigarette rauchen, Dehnungen im Stand mithilfe eines Tisches

Vierte Einheit/sitzend: das zur Ruhe kommen der Gedanken üben/beobachten

Das Yogaposter fürs Büro

Im Juli 2018 wurde dann auch das Poster vom Grafiker der NÖGKK gestaltet. Ich hatte das Konzept ja im Jänner zu Papier gebracht und musste mich für die Korrektur erst wieder in meinen Text reinversetzen. Natürlich hätte ich nach einem halben Jahr Vieles gerne wieder anders formuliert. Da braucht es dann Pragmatismus und Rücksicht auf das Zeitbudget des Auftraggebers. Der Grafiker wählte für die Vorderseite des Posters die Figur einer Rad schlagenden Akrobatin. Ich meinte natürlich, das sei nicht so passend, aber die Intention sei eben rein werblicher Natur, wurde mir versichert. Auf der Rückseite waren dann die braven Büromenschlein der Firma Shutterstock zu sehen. Das Poster im A3 Format kann mit drei Faltungen zu einem handlichen Quadrat zusammengelegt werden und ist ein netter Hingucker geworden. Die Website des Berufsverbandes www.yoga.at ist auch darauf nachzulesen. Ich bin zufrieden.

Die Tour durch die 21 Servicezentren

Seit Anfang September 2018 fahre ich nun durch das Land NÖ. Tulln, Mistelbach, Hollabrunn und Gmünd habe ich schon besucht. Auch wenn ich selbst in NÖ wohne, so kenne ich viele dieser Orte kaum oder gar nicht. Insgesamt sind es 21 Servicezentren, wo ich meist zwei Vorträge hintereinander zu absolvieren habe. Ich versuche zumindest eine Stunde früher vor Ort zu sein, mir den Hauptplatz anzusehen und herauszufinden, welche Betriebe in der Gegend angesiedelt sind. Wo arbeiten die Menschen, die mein Office-Yoga brauchen?

Da mein normales Leben mit eigenen Yogakursen und Grafikaufträgen zu Hause weitergeht, braucht es gute Nerven und Zuversicht, dass sich alles ausgehen wird. Ich schleppe meinen Labtop überall mit, nutze soweit möglich öffentliche Verkehrsmittel und versuche so entspannt wie möglich diese Herausforderung anzunehmen. Texte wie diesen hier schreibe ich meist nur noch im Zug. Auch einen sogenannten „Expertentipp“ für den Newsletter der NÖGKK habe ich im Zug verfasst. Er ist übrigens auch in diesem Heft abgedruckt.

Anfang Dezember werde ich dann den Job erledigt haben. Bislang macht er mir große Freude. Es ist so schön, viele neue Menschen zu treffen und ihnen über Yoga zu erzählen. Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der Bewegungen des Geistes. Und der Weg dahin führt über den Atem. Es ist ein schöner Beruf, Menschen entspannen zu dürfen.

Ich möchte mit diesem Text Kolleginnen und Kollegen ermuntern, auch Vortragsprojekte zu einem speziellen Yoga-Thema zu entwickeln. Es braucht viel Vorbereitung, aber dann gibt es eine reiche Ernte – viel Begegnung und auch immer wieder viel Verbundenheit. Eine ältere Dame sagte nach einem Vortrag zu mir: „Sie san so liab, ich tät Sie gleich adoptieren.“ Bei solch einem Feedback geht einem doch das Herz auf, oder?

Alexandra Eichenauer-Knoll